Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell 22.10.2021 Vulkanausbruch

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Vulkantagebuch



22.10.2021 Tag vierunddreißig der Eruption


Freitag 22.10.2021 El Paso 07:00 Uhr

Keine hektischen Bewegungen in La Laguna bitte
Damokles als letzter Hüter des Ortes


Das Leben ist kein Rosshaar. - Gestern Abend ließ der Nordostwind noch deutlich nach und vorbei war es mit der guten Luft im Aridanetal. - Über Nacht zog es dann komplett zu und im Moment ist der Vulkan in dichtem Dunst und man kann lediglich fernes Grollen vernehmen und einen rötlichen Feuerschein. - Nach dem orientieren wir uns sonst in der Nacht auch, wenn wir nach aktiven Lavaflüssen fahnden. - Rund um La Laguna konnten wir keine solchen erkennen, aber ab und zu Rauchfahnen, welche dann doch noch von der Präsenz glühenden Gesteins zeugen. - Auf der Karte der IGME - CSIC (Instituto Geológico y Minero de España (IGME) del Consejo Superior de Investigaciones Científicas (CSIC) lässt sich kleiner Raumgewinn der Lava auch im Zentrum La Lagunas gegenüber gestern Mittag ausmachen, aber noch scheint La Laguna nicht komplett verloren. - Die Hoffnung beruht auf ein paar Zentimeter Gefälle in Richtung Süden und dass sich die beiden Lavaströme, welche in Richtung La Laguna gezogen sind nun vereinen und gemeinsam südlich um die Montaña La Laguna ziehen. - Dann könnte das halbe Wunder halten, aber genau so möglich ist die Version, dass die Lava nördlich an dem "Hausberg" vorbei zieht und damit den westlichen Teil der Siedlung unter sich begräbt und die ersten Regionen Tazacortes bedroht. - Man wagt es kaum zu atmen dort, als könnte jede falsche Bewegung die Lava in die verheerende Richtung führen. - Bloß nichts anfassen, keine hektische Bewegung… Ein bisschen Hoffnung macht der Umstand, dass weiter im Süden wieder mehr Aktivität in den alten Lavazungen entstanden ist, zumindest gab es dort mehr rötliche Punkte gestern Nacht, welche von glühendem Gestein zeugen. - Komplett unbekannt sind die möglichen Verbindungen der fließenden Lava unter den breiten Zungen, genügend Stoff für viele neue Doktorarbeiten fleißiger Geologen.

Viel Gas spuckte der Vulkan gestern tagsüber, aus zwei großen Fahnen und auch Robin beteiligte sich an den heftigen Entgasungen. - Immer wieder mal rumpelige Wegstrecke, dann wieder rhythmisches Grollen, also gestern wieder eher Gewitter als startender Düsenjäger. - Der Dr. Andreas Klügel möge mir meine laienhafte Beschreibungen der Geräusche und Beobachtungen verzeihen, aber auch ihn haben die lebendigen Eindrücke am Vulkan nicht unberührt gelassen. - Die Beben sind weiterhin kräftig dabei. - Wieder fällt auf, dass kaum noch seismische Ereignisse unter 15 Kilometer stattfinden, außer dem obligatorischen "Dicken Klopper", welcher mich seit Tagen nachts aus dem Bett komplimentiert. - Mit 4,4 und vielleicht drei Sekunden Dauer nicht gerade Rekord, aber vorbei der hart umkämpfte Schlaf, der seit dem Beginn der Eruption sowieso keine Ordnung findet. - Diese Beben über der Stärke 4, die finden allesamt unter 30 Kilometer Tiefe statt und sind fast schon zur nächtlichen Routine geworden. - Neue Daten gibt es noch keine, nur eben die subjektiven Empfindungen und da dürfen wir eine ruhigere Nacht vermelden und einen gewissen Damokles, der vor der Kirche in La Laguna sitzt und sich kein bisschen bewegt. - Man möchte ihm Sitzfleisch wünschen. - Das Wetter wird weiterhin besser, günstiger für die Insel, auch wenn wir gestern kurzzeitig erneut unter Inversion litten. - Noch steht das gewünschte Azorenhoch nicht stark und uneinnehmbar da, wie wir das gerne hätten, aber der Wind kommt generell schon aus der richtigen Richtung und bläst die Gase und die Asche weit aufs Meer hinaus.


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Nur kleiner Geländegewinn für den Vulkan gestern in La Laguna
Quelle: IGME - CSIC




Enrique versucht wieder das schier Unmögliche, uns die Lavaströme begreiflich zu machen
Quelle: VolcanesYCienciaHoy




Unser tägliches Beben gib uns nachts...
Quelle: IGN





Freitag 22.10.2021 El Paso 19:00 Uhr

Sankt Florian hantiert an den Ventilen
Noch hält La Laguna stand


Den ganzen Tag über konnte man den Vulkan kaum sehen, da unser Himmel in der Zone stark bewölkt war. - Hören konnte man ihn wohl, allerdings war es nicht sehr laut heute. - Jetzt kann man erkennen, dass der Unaussprechliche aus drei Schloten ausgast und auch Robin, also der kleine Helfer im Südosten wieder mit von der Partie ist. - Am auffälligsten allerdings ist, dass der frühere Hauptschlot für die Lava sich inzwischen zum größten Auslass für die Gase und pyroklastisches Material entwickelt hat. - Es kommt auch Lava, aber diese scheint unter dem aufgeschütteten Gestein gleich abzulaufen durch den schmalen Kanal, welcher im Norden inzwischen fast komplett als Rohrsystem verläuft. - Manche erzählen, es gäbe inzwischen einen Lavaausgang im Süden, aber da wir keine offizielle Bestätigung dessen haben, bezweifle ich diese Aussage. - Auch haben wir dort nachts keinen Feuerschein gesehen, was in den ersten Wochen, als wohl ein solcher Südschlot aktiv war, immer erkennbar war. - Wir vermuten also eher, dass direkt nach dem Abbiegen der Lava am Kraterfuß, wenn sich die Fallrichtung nach Westen ändert, die Lava in ein vielschichtiges Verteilersystem unter der gesamten Lavazunge begibt. - Wir haben heute Nacht im Süden der ersten Lavazunge Glut erkennen können und an manchen Stellen mitten im zweiten Lavafluss, weniger aber im Norden, also rund um La Laguna. - Gegen Abend jetzt dampfen aber ein paar Fumarolen wieder südlich La Lagunas, was auch wieder darauf hindeuten könnte, das frische Lava dort angekommen sei. - Niemand kennt natürlich das Verteilersystem unter der Lavazunge, aber alles was in den Süden oder in die Mitte fließt, das kommt im Norden nicht an. - Das ist einfach zu verstehen und so beten und hoffen natürlich die Leute aus La Laguna, für viel Feuerschein im Süden heute Nacht.

Es gibt wieder mehr Beben, auch in der Tiefe, also von dieser Seite können wir im Moment noch keinen positiven Befund in Sachen möglichem Ende des Ausbruchs einholen. - Was gut ist, die Deformation nimmt an der LP03 weiter ab, das ist die Messstation, welche dem Geschehen am nächsten ist und diejenige, welche auch vor der Eruption den heftigsten Anstieg zu verzeichnen hatte. - Auch nehmen die Ausgasungen weiter ab, sowohl was SO2 als auch CO2 angeht, wir sind aber immer noch weit von einem vertretbaren Wert entfernt. - Dr. Andreas Klügel bremst unseren positiven Gedankengang auch wieder ein bisschen, da er Vergleiche zu der Eruption 2011 in El Hierro zieht und auch dort eine ähnliche Situation mit dem Beben in diversen Ebenen stattgefunden hat. - Ich zitiere hier einen Ausschnitt, den er uns heute auf meine laienhaften Fragen übersandt hat:

Die Erdbeben während der Eruption clustern ja im Bereich 10...15 km und 30...35 km, wobei die stärkeren Beben fast ausschließlich aus dem tieferen Bereich stammen - genau wie 2011-2012 bei El Hierro. Meine Daten für die Tiefen der Magmenkammern von Cumbre Vieja, welche die Eruptionen direkt speisen, zeigen genau den aseismischen Bereich dazwischen, nämlich rund 16-22 km. Das ist interessant. Entweder haben die Daten größere Fehler / Unsicherheiten als erwartet, oder in dieser vermutlich sehr heißen Region passiert wirklich nicht viel, solange das Magma fließt. Allerdings gab es laut IGN Erdbeben aus genau dieser Zone, nämlich am 31. Januar 2021 (möglicherweise auch davor) überwiegend im Bereich 20-26 km! Danach aber nicht mehr, sondern nur in den besagten Bereichen oberhalb und unterhalb. Dies deutet auf ein wirklich sehr komplexes Magmensystem in der Tiefe hin. Meine vorsichtige Interpretation:

Der Bereich 10-15 km stellt eine geometrisch sehr komplexe Zone dar, die vor dem Ausbruch aufgefüllt wurde und sich nun durch den Transport des Magmas permanent verändert. Dies könnte die Erdbeben erklären. Die Haupt-Magmenreservoire im Bereich 16...26 km werden im Verlauf der Eruption einerseits nach oben entleert, andererseits von weiter unten (30-35 km) permanent nachgefüllt. Sie scheinen damit "stabil" zu sein, welches das Fehlen von Erdbeben in diesem Tiefenbereich erklären könnte. Der Bereich 30...35 km dagegen (auch eine Art Magmenkammer) entleert sich nun immer mehr, ohne dass Magma aus noch größeren Tiefen rechtzeitig nachströmen kann. Damit lässt der Druck in diesem Bereich progressiv nach, und es kommt zum Kollaps des umgebenden Gesteins, da in der Tiefe keine Hohlräume existieren können (der Umgebungsdruck ist viel zu hoch). Das erklärt die starken Erdbeben. Wenn die tiefen Beben und dann auch die flacheren Beben nachlassen, könnte das auf ein Abflauen der Eruption hindeuten.

Interessant ist es, den Verlauf der gemittelten Tremor-Amplitude zu betrachten. Anbei ein Bild vom jetzigen Ausbruch, heutiger Stand (rote Kurve), und von El Hierro 2011-2012 (aus Martí et al., 2013). Bei El Hierro wurde die Amplitude des Tremors als sogenannter "gleitender Mittelwert" gezeigt (mittlere Amplitude während einer Stunde, damit die starken Ausschläge nicht so auffallen; vergleichbar mit den bekannten mittleren 7-Tage-Inzidenzwerten von Corona...); die Einheit ist unwichtig. Bei La Palma dürfte die Darstellung ähnlich sein. Der wichtige Punkt ist, dass beim Ende der Eruption von El Hierro die Kurve wieder auf den Anfangswert vor Eruptionsbeginn (10.10.2011) zurückging, und zwar nicht nur für ein paar Stunden. Leider ist La Palma davon noch weit entfernt... wir scheinen noch mittendrin zu sein. Aber ich denke, dass diese Kurve ein wirklich wichtiges Maß darstellt.




El Hierro 2011-2012 (aus Martí et al., 2013)



Zum Vergleich, hier die bislang errechnete Kurve der Eruption auf La Palma
Quelle: IGN








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